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Sepp Blatter: das Phantom

WM-Phantom Blatter: FIFA-Boss schickt Kurznachrichten

FIFA-Präsident Joseph Blatter ist bei der WM in Brasilien kaum zu sehen, obwohl er doch sonst gerne im Mittelpunkt steht.

Ganz kurz war Joseph Blatter nur zu sehen. Ein paar Sekunden vielleicht. Als der FIFA-Präsident merkte, dass sein Konterfei auf der riesigen Video-Leinwand in der Arena Pernambuco in Recife erschien, wirkte es, als zucke er erschrocken zusammen.

Und schon sahen die Fernsehzuschauer in aller Welt vor dem Umschnitt auf das WM-Spiel zwischen Costa Rica und Griechenland wieder jubelnde Fans. Man kann dem FIFA-Präsidenten Blatter viele Vorwürfe machen, aber nicht den, dass er bei der WM in Brasilien ins Scheinwerferlicht drängt. Die Absenz des mächtigsten Fußballfunktionärs der Welt beim Traumturnier am Zuckerhut ist so auffällig, dass sie schon wieder Fragen aufwirft.

Künstlich unterdrückter Publicity-Drang

Am Montag war der 78-Jährige als Besucher des Football for Hope Zentrums in Caju im Norden Rios angekündigt, solch einen sozialen Termin lässt er sich nicht nehmen. Ansonsten war er Gastredner vor den WM-Schiedsrichtern und bei einem Kongress von Studenten eines FIFA-Master-Studiengangs - das war es schon.

Warum taucht Blatter für die Fußball-Welt fast gar nicht auf? Was bezweckt der Schweizer mit seinem offenbar künstlich unterdrückten Publicity-Drang? Noch vor der WM hatte er in einer Medienoffensive bis zum FIFA-Kongress von São Paulo jede Chance genutzt, seinen WM-Optimismus auszudrücken und die Ankündigung für seine Kandidatur zur angestrebten Wiederwahl im Mai 2015 vorzubereiten. Und mit dem WM-Anpfiff: Schluss damit.

Wer bei der WM wissen will, was Blatter bewegt, muss ihm auf Twitter folgen. Dort lässt der 78-Jährige von seinem Stab alle schönen, traurigen und belanglosen Neuigkeiten der Fußball-Welt in kurzer Form veröffentlichen. Sei es zum Torrekord von Miroslav Klose, zum Karriereende von Ottmar Hitzfeld oder seinem Handshake mit Basketball-Star Kobe Bryant. "Fantastisch ihn zu treffen", zwitscherte Blatter.

Kaum zu sehen trotz mehr als zwölf Stadionbesuchen

Auch das Treffen mit Angela Merkel in Salvador beim deutschen Auftaktspiel ist so dokumentiert. Gemeinsame TV-Bilder der Sitznachbarn auf der Tribüne der Arena Fonte Nova gab es dann aber nicht. Die Regie zeigte nur die deutsche Kanzlerin rechts neben dem FIFA-Boss. Verdächtig, meinten viele Blatter-Kenner. Eine Anweisung gäbe es nicht, versicherte der Weltverband.

Doch welcher Regisseur des FIFA-TV-Partners HBS sollte auf einen Kamera-Schuss auf den Präsidenten samt deutscher Regierungschefin verzichten? Zumal dieser bei der WM in Südafrika bei jedem Stadionbesuch telegen präsentiert wurde. Auch in Brasilien war er bei weit mehr als einem Dutzend Spiele und mindestens einmal in jedem der zwölf Spielorte.

Die Argumentationskette ist schlüssig: Beim Confederations Cup war die Reaktion der Fans in Brasilien auf Bilder von Blatter und Staatschefin Dilma Rousseff verheerend. Aus diesem Grund verzichtete das Präsidenten-Duo auch auf die traditionelle Eröffnungsrede vor dem Auftaktspiel. Rousseff zögert noch, ob sie am 13. Juli nach dem Finale den Siegerpokal überreichen will. Diesen Auftritt mit dem künftigen Weltmeister will sich Blatter dann doch nicht nehmen lassen.

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